Ordnungssysteme

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DIENSTAGS DIREKT | 14.01.2025 | 20-23 UHR

Neues Jahr, neuer Vorsatz: Warum Aufräumen ein neuer Anfang sein kann

13. Januar 2025, 17:10 Uhr

“Ordnung ist das halbe Leben” lautet das geflügelte Sprichwort, was sicher jeder von uns als Kind schon einmal gehört hat. Wie Ordnung und Unordnung unser Leben bestimmt, was das mit unseren Beziehungen zu tun hat und welche gesellschaftliche Dimension Ordnung hat – darüber sprechen wir bei Dienstags direkt.

https://www.mdr.de/sachsenradio/programm/sendungen/ordnung-aufraumen-neues-jahr-neuer-vorsatz-100.html

Gäste:

  • Thomas Palzer, Philosoph, Autor und Essaist “Das Gespenst der Ordnung
  • Johanna Lemke, Journalistin in Dresden, Aufräumexpertin “Hempels Schwestern” und Co-Autorin des Buches “Socken unterm Sofa”
  • Sabrina Rox, Diplom-Designerin, Bühnebauerin, Aufräumexpertin “Hempels Schwestern” und Co-Autorin des Buches “Socken unterm Sofa”
  • Jens Czerwinka, Hobby-Trödler

Interview:

  • Claudia Euen, Leipziger Journalistin unter anderem für “Das Magazin”, Autorin des Textes “Nichts Wegwerfen!”
  • Veronika Schröter, Heilpraktikerin für Psychotherapie und Messi-Expertin

Bücher- und Klamottenberge, Kabelsalat, alte Technik, Kinderspielzeug überall – die Formen von Unordnung können verschieden sein und verschieden empfunden werden. Während der eine schon zwei alte Socken auf der Sofalehne und nicht akkurat eingeräumte Teller in der Geschirrspülmaschine als Beleidigung empfindet, fühlt sich jemand anders inmitten von Bücher- und Klamottenbergen immer noch wohl und würde ein aufgeräumtes Zimmer als steril empfinden.

Doch wo beginnt Unordnung, und wann wird es richtig unübersichtlich? Wann beginnen uns die Dinge zu bedrücken, zu bremsen, zu belasten? Und wann gerät das Leben – oder die Ordnung darin -vollkommen aus den Fugen?

Aufräumen ermöglicht neue Perspektiven

Viele Menschen sprechen von einer großen Erleichterung oder sogar einer Befreiung, nachdem sie aufgeräumt und wieder Ordnung geschaffen haben. Sie sehen neue Perspektiven, neue Möglichkeiten und erleben in gewisser Weise einen neuen Anfang. Wo liegt die Chance von Ordnung? Was ist Ordnung – und können wir nicht auch ohne sie leben? Was hat Ordnung eigentlich mit uns und unseren Beziehungen zu tun?

Ordnung als Balanceakt zwischen Pedanterie und Chaos

Während immer mehr Ordnungsratgeber geschrieben und veröffentlicht werden, häufen sich auch Stimmen, die sich gegen eine ständige Optimierung aussprechen. Die den expliziten Wert auch (alter) Dinge Raum geben und einen übertriebenen Minimalismus kritisieren. Ordnung wird individuell als sehr verschieden empfunden. Doch abseits dieser Empfindungen, muss ihr der Balanceakt zwischen Pedanterie und Chaos gelingen. Wo fängt das eine an und hört das andere auf?

Ordnungssysteme in der Gesellschaft

Unsere Gesellschaften brauchen Ordnung als grundsätzliches Element. Ohne Ordnung kann kein Wissen generiert werden und keine Wissenschaft bestehen. Ohne Ordnung kann kein Haushalt und kein Unternehmen, kein Theater und keine Stadtverwaltung geführt werden.

Oberzogene Ordnung kann Diktatoren dienen

Gleichzeitig kann Ordnung in der Gesellschaft überzogen und missbraucht werden, um Gesellschaften der Macht dienlich werden zu lassen – im schlimmsten Fall für eine Diktatur. Wie wird Ordnung in der Geschichte bewertet? Was sagten die Römer? Welche Rolle spielte Ordnung im Mittelalter – und welche in der Neuzeit – wie beispielsweise im Nationalsozialismus?

Ordnung zwischen Orientierung und Macht

Ordnung ist besonders in Krisen wichtig, da sie Ruhe und Orientierung bietet. Gleichzeitig darf sie nicht zum Instrument der Macht werden. Warum das für profane Haushaltstätigkeiten in Partnerschaften genauso gilt wie in der gesamten Gesellschaft. Worin der Reiz des Aufräumens besteht, und wie wir beginnen, wenn wir an der “Eiger-Nordwand” stehen – so bezeichnen Experten die Hürde des Anfangs – über all das sprechen wir bei Dienstags direkt.

Über Moral zu reden, ist keine Moral.

Geschichte ist so wenig Vorgeschichte der Gegenwart, wie die Gegenwart Vorgeschichte der Zukunft sein wird.

Naturwissenschaft kümmert sich um das Wiederholbare, Literatur um das Einmalige.

Das Problem der modernen Architektur ist ihre Ortlosigkeit – als sei Raum eine geometrische Projektion, die keinen Ort kennte, sondern nur Koordinaten.

Wer die Philosophie verwissenschaftlichen will, ruiniert diese, da Philosophie immer Beteiligung voraussetzt – nicht das Sich-vom-Leibe-Halten durch fromme Objektivität.

Dass man Geruch erinnern kann, zeigt, dass er keine Frage der Moleküle ist.

DAS GESPENST DER ORDNUNG

deutschlandfunk Essay und Diskurs

  1. Januar 2024, 09:30 Uhr
  2. https://www.deutschlandfunk.de/das-gespenst-der-ordnung-100.html

Es gibt keine menschliche Gesellschaft, die gänzlich unverfasst ist. Dann nämlich wäre sie, Hegel zufolge, nur ein atomistischer Haufen von Individuen, der jeder Ordnung entbehrte. Gesellschaften sind organisiert – und nicht nur sie. Alles, was ist, ist zwar unterschieden, aber eben nicht geschieden. Es gibt eine Verkettung. Das ist der scholastische Kerngedanke. Der Welt ist Ordnung auferlegt – en gros und en détail.

Ist die Ordnung also ein unsichtbares geometrisches Netz, das übrigbleibt, nimmt man alle Dinge weg?

Bei einem Sandhaufen kann man jedenfalls nicht von Ordnung sprechen – es gibt zwar viel, aber nur viel vom Selben.

Ordnung hat System. Sie beruht auf Regelmäßigkeiten.

Der Amerikaner Arthur Oncken Lovejoy untersuchte in einem grandiosen philosophischen Essay den ehrwürdigen metaphysischen Gedanken von der „großen Kette der Wesen“ – und löste ihn auf. Der französische Philosoph Michel Foucault hat den Befund in seinem Klassiker „Die Ordnung der Dinge“ vertieft.

Ordnung hat Geschichte – aber Geschichte nicht unbedingt eine Ordnung. Allerdings verschafft der Historiker ihr eine, in dem er der Geschichte die Form einer Erzählung gibt. Der Staatsrechtler Carl Schmitt wiederum hat einen Zusammenhang zwischen Ordnung und geschichtlichem Raum („Ortung“) konstatiert. Und Wittgenstein wiederum meinte, Philosophie habe einiges damit zu tun, „sein Zimmer aufzuräumen“. Auch er sah also den Zusammenhang zwischen Ordnung und Raum.

Der Volksmund spricht davon, Ordnung sei das halbe Leben.

Heute ist man der Auffassung, dass es der Mensch sei, der Ordnung in die Welt trage – in sie „hineinsehe“, um es nietzscheanisch zu sagen.

Aber wie kann es dann sein, dass Ordnungen zusammenbrechen? Ganz ohne unser Zutun. Oder doch nicht?

Welche Rolle spielt der Zufall, den auch das Anthropozän nicht wird einhegen, also vermenschlichen können?

Es gibt keine menschliche Gesellschaft, die gänzlich unverfasst ist. Dann nämlich wäre sie, Hegel zufolge, nur ein atomistischer Haufen von Individuen, der jeder Ordnung entbehrte. Gesellschaften sind organisiert – und nicht nur sie. Alles, was ist, ist zwar unterschieden, aber eben nicht geschieden. Es gibt eine Verkettung. Das ist der scholastische Kerngedanke. Der Welt ist Ordnung auferlegt – en gros und en détail.

Ist die Ordnung also ein unsichtbares geometrisches Netz, das übrigbleibt, nimmt man alle Dinge weg?

Bei einem Sandhaufen kann man jedenfalls nicht von Ordnung sprechen – es gibt zwar viel, aber nur viel vom Selben.

Ordnung hat System. Sie beruht auf Regelmäßigkeiten.

Der Amerikaner Arthur Oncken Lovejoy untersuchte in einem grandiosen philosophischen Essay den ehrwürdigen metaphysischen Gedanken von der „großen Kette der Wesen“ – und löste ihn auf. Der französische Philosoph Michel Foucault hat den Befund in seinem Klassiker „Die Ordnung der Dinge“ vertieft.

Ordnung hat Geschichte – aber Geschichte nicht unbedingt eine Ordnung. Allerdings verschafft der Historiker ihr eine, in dem er der Geschichte die Form einer Erzählung gibt. Der Staatsrechtler Carl Schmitt wiederum hat einen Zusammenhang zwischen Ordnung und geschichtlichem Raum („Ortung“) konstatiert. Und Wittgenstein wiederum meinte, Philosophie habe einiges damit zu tun, „sein Zimmer aufzuräumen“. Auch er sah also den Zusammenhang zwischen Ordnung und Raum.

Der Volksmund spricht davon, Ordnung sei das halbe Leben.

Heute ist man der Auffassung, dass es der Mensch sei, der Ordnung in die Welt trage – in sie „hineinsehe“, um es nietzscheanisch zu sagen.

Aber wie kann es dann sein, dass Ordnungen zusammenbrechen? Ganz ohne unser Zutun. Oder doch nicht?

Welche Rolle spielt der Zufall, den auch das Anthropozän nicht wird einhegen, also vermenschlichen können?

Der Zufall, sagt der französische Autor Sascha Guitry, ist ein Gott.

Ist Ordnung eine Insel im Meer der Unordnung? Warum ist Ordnung limitiert?

Der Zufall, sagt der französische Autor Sascha Guitry, ist ein Gott.

Ist Ordnung eine Insel im Meer der Unordnung? Warum ist Ordnung limitiert?

Es gibt keine menschliche Gesellschaft, die gänzlich unverfasst ist. Dann nämlich wäre sie, Hegel zufolge, nur ein atomistischer Haufen von Individuen, der jeder Ordnung entbehrte. Gesellschaften sind organisiert – und nicht nur sie. Alles, was ist, ist zwar unterschieden, aber eben nicht geschieden. Es gibt eine Verkettung. Das ist der scholastische Kerngedanke. Der Welt ist Ordnung auferlegt – en gros und en détail.

Ist die Ordnung also ein unsichtbares geometrisches Netz, das übrigbleibt, nimmt man alle Dinge weg?

Bei einem Sandhaufen kann man jedenfalls nicht von Ordnung sprechen – es gibt zwar viel, aber nur viel vom Selben.

Ordnung hat System. Sie beruht auf Regelmäßigkeiten.

Der Amerikaner Arthur Oncken Lovejoy untersuchte in einem grandiosen philosophischen Essay den ehrwürdigen metaphysischen Gedanken von der „großen Kette der Wesen“ – und löste ihn auf. Der französische Philosoph Michel Foucault hat den Befund in seinem Klassiker „Die Ordnung der Dinge“ vertieft.

Ordnung hat Geschichte – aber Geschichte nicht unbedingt eine Ordnung. Allerdings verschafft der Historiker ihr eine, in dem er der Geschichte die Form einer Erzählung gibt. Der Staatsrechtler Carl Schmitt wiederum hat einen Zusammenhang zwischen Ordnung und geschichtlichem Raum („Ortung“) konstatiert. Und Wittgenstein wiederum meinte, Philosophie habe einiges damit zu tun, „sein Zimmer aufzuräumen“. Auch er sah also den Zusammenhang zwischen Ordnung und Raum.

Der Volksmund spricht davon, Ordnung sei das halbe Leben.

Heute ist man der Auffassung, dass es der Mensch sei, der Ordnung in die Welt trage – in sie „hineinsehe“, um es nietzscheanisch zu sagen.

Aber wie kann es dann sein, dass Ordnungen zusammenbrechen? Ganz ohne unser Zutun. Oder doch nicht?

Welche Rolle spielt der Zufall, den auch das Anthropozän nicht wird einhegen, also vermenschlichen können?

Der Zufall, sagt der französische Autor Sascha Guitry, ist ein Gott.

https://www.deutschlandfunk.de/das-gespenst-der-ordnung-100.html

Die sozialen Medien bilden eine Echokammer für den Gratismut: Pro bono – contra malum.

MASCULIN – FÉMININ: LEHRE VOM NEIGUNGSWINKEL

Für die Rubrik “Das Gespenst der Sexualität” mein Essay zum Verschwinden der Weiblichkeit in: TUMULT. VIERTELJAHRESSCHRIFT FÜR KONSENSSTÖRUNG Herbst 2023

Besitzen die Körper beider Geschlechter nicht ausreichend Öffnungen, Fortsätze, Schleimhäute und Warzen, um alle sexuellen Bedürfnisse, die man haben kann, stimulieren und befriedigen zu können? Auch die, die zwischen den Polen Mann und Frau anzutreffen sind.

Warum das Geschlecht operativ wechseln? Wir werden das neue nach dem Wechsel da dorten (landschftl.) nie wirklich fühlen.

Können wir uns ein anderes Bewusstsein operativ einpflanzen lassen? Und blieben die Inhalte davon unbetroffen – wie bei einer Wechselplatte?

Wer den Teufel im Leib spürt, kann die Hände zu den Schläfen heben und links und rechts die Zeigefinger krümmen. Er muss nicht gleich die Hufe eines Ziegenbocks vorweisen.

Jenseits des Physiologischen geht es immer um das Als-ob.

Nicht ich selbst bin es, der mir das Geschlecht zuweist, es ist das von mir Begehrte, das mir sagt, wer ich bin.