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Die Zeit, die bleibt. Kriminalroman

Wer “Die Zeit, die bleibt” liest, braucht vor allem eines: Geduld. Thomas Palzer erzählt die Geschichten seiner beiden Protagonisten in parallelen Erzählsträngen, die er erst am Ende des Romans kreuzt.

Der Münchner Anwalt Ewart Colver wird bei einem Autounfall schwer verletzt. Er glaubt an einen Mordversuch und sieht die Verbindung zu einem alten Fall. In Berlin quält den russischen IT-Experten Shenja Orlov noch immer die Gewissheit, dass er für den Tod seiner großen Liebe verantwortlich ist. Obwohl die Handlungen an unterschiedlichen Orten spielen, entdeckt der Leser Ähnlichkeiten zwischen den Figuren. Sie eint ihr Hang zur Paranoia und zu Verschwörungstheorien, die schließlich beide Schicksale zusammenführen. Palzer ist ein Roman gelungen, der zwar kein packender Krimi ist, aber dafür ein spannendes Psychogramm bietet. Cathrin Wißmann, Stern 04.04 2019: Die besten Krimis des Frühjahrs 2019

Ein Sommerabend in München. Eine unscheinbare Tankstelle ist der Ort, an dem das Unausweichliche passiert. An dem die Frage, die sich Ewart Colver seit seines Autounfalls stellt – wer hat ihn angefahren? Und weshalb? –, endlich eine Antwort findet: im Duell mit der Vergangenheit.
Ewart Colver, Rechtsanwalt und leidenschaftlicher Tangotänzer von fünfzig Jahren, liegt im Münchner Krankenhaus Rechts der Isar, nachdem er von einem Auto angefahren wurde. Colver ist sich sicher, Opfer eines Attentats geworden zu sein. Ein Anruf aus der Vergangenheit scheint seine Vermutung zu bestätigen. Hat die Polizei ihn etwa als Lockvogel missbraucht? Und was hat das Ganze mit dem toten Drogendealer zu tun, der Jahre zuvor auf einem Bananendampfer in Bremerhaven gefunden wurde – zu einem Zeitpunkt, als Colver noch für eine Versicherung tätig war?
Als sein Verbindungsmann aus der Vergangenheit spurlos verschwindet, macht sich Colver selbst auf die Suche nach Täter und Tatmotiv. Dabei nähert er sich immer mehr der Frage, was die wahren schicksalsmächtigen Zusammenhänge in seinem Leben sind.

Zwei Männer, zwei Schicksale. In München wird der Anwalt Ewart Colver an einem Frühlingsabend angefahren und schwer verletzt. Wer kann es auf ihn abgesehen haben? Hängt der offenkundige Mordversucht mit einem sechs Jahre zurückliegenden Fall zusammen, bei dem er sich mit einem Drogenkartell anlegte? Der Anruf eines Kommissars deutet zumindest darauf hin, doch da die Polizei nur wenig tätig wird, muss Colver wohl oder übel selbst ermitteln. Unterdessen ist Shenja Orlov in Berlin immer noch gedanklich in St. Petersburg und bei der einzigen wahren Liebe, die er jemals hatte. Es war seine Schuld, dass sie ums Leben gekommen ist und seither büßt er dafür. Wird es mit seiner Kollegin vielleicht doch einen Neuanfang für ihn geben können? Doch das Schicksal hat ebenfalls einen Plan, mit dem beide Männer nicht gerechnet haben.

Thomas Palzer erzählt die beiden Handlungsstränge parallel ohne dass sich für den Leser eine Verbindung erkennen ließe. Zeit und Ort sind derart voneinander losgelöst, dass man lange Zeit beide Männer verfolgt, sich aber doch wundert, wie diese beiden Leben miteinander in Zusammenhang stehen. Gemächlich schreitet die Handlung voran, bis sie plötzlich ein rasantes Tempo aufnimmt und sich alles auflöst.

Auch wenn die beiden Geschichten völlig verschieden sind und die Männer vordergründig kaum Parallel aufweisen, gleichen sie sich doch in mancherlei Hinsicht. Es ist ihr Psychogramm, das den Roman interessant macht, weniger die durchaus auch spannende Frage nach den Hintergründen des Anschlags auf Colver. Der Münchner Anwalt, dessen Ehe schon Jahre zuvor zerbrochen ist und der nur ein oberflächliches Verhältnis zu seinen Kindern hat, hat ebenso den Halt im Leben verloren wie der Berliner IT Spezialist. Beide sind weitgehend sozial isoliert und haben faktisch nur wenig Kontakt zu Mitmenschen. Ebenso sind sie gefangen in ihrer Gedankenwelt, in der sie versuchen ihre Erlebnisse zu verarbeiten und mit Sinn zu füllen. Für sie ergibt sich ein klares, logisches Bild, dass dies jedoch nur einseitig die Situation beleuchtet und einzig ihre Perspektive berücksichtigt, blenden sie aus. Colver versteift sich völlig in die Mordanschlagtheorie, die er mit allen Mitteln versucht zu belegen, gleichermaßen ist Orlov von der Untreue seiner neuen Partnerin überzeugt und kann logischerweise nur alles, was sie tut, unter dieser Prämisse bewerten.

Sie weisen Züge einer Paranoia auf, sie nehmen ihre Umwelt verzerrt wahr, werden gegenüber der Welt zunehmend feindseliger und misstrauisch und schaffen sich ein komplexes Verschwörungsszenario, das die beiden letztlich in die größtmögliche Katastrophe führt. Die Entwicklung der Figuren bis zum tragischen Höhepunkt ist Palzer großartig gelungen. Leicht kann man nachvollziehen, wie sich zwei grundsätzlich gesunde Menschen immer tiefer hineinsteigern und letztlich aus dem Käfig, den sie sich erschaffen haben, nicht mehr herausfinden.

Für mich ein großartiger Roman in zweierlei Hinsicht: die Konstruktion des Handlungsverlaufs geht ebenso glatt auf wie die psychologische Entwicklung seiner beiden Protagonisten. Gepaart wird das Ganze mit einer ordentlichen Portion Spannung und durchaus auch einigen gesellschaftlich und sozialkritischen Fragen.

miss.mesmerized

2019: Tropen (Klett-Cotta), 251 Seiten
20€ + 1,95€ Versand

Vergleichende Anatomie. Eine Geschichte der Liebe

“Du bist mir zu alt!” Mit diesen unvermittelten Worten beendet die Lebensgefährtin Thomas Palzers eine langjährige, überwiegend glückliche Beziehung, an die er viele Erinnerungen an gemeinsam verbrachte Nächte, Reisen und Gespräche knüpft.

Der Verlassene tritt daraufhin aus dem Bett und nackt vor den Spiegel, wagt einen schonungslosen Blick auf seinen Körper und beginnt über das Verhältnis von Sex und Alter zu reflektieren. Mit Anfang 60 fühlt er sich nicht alt, aber erkennt, dass sich etwas verändert hat, doch auch die Sexualiät? Was bedeutet überhaupt Sex im Alter, wenn das gesellschaftliche Bild von Sexualität mit jungen, schönen Körpern verknüpft ist? In seinem sehr persönlichen und zarten autobiografischen Essay geht Palzer diesen Fragen nach, versuchte eine neue Verortung der Sexualiät und eröffnet auf kluge und nachdenkliche Weise einem tabuisiertes Thema Möglichkeiten des offenen gesellschaftlichen Diskurses.

2018: Matthes & Seitz Berlin, punctum 5, 100 Seiten
10€ + 1,95€ Versand

Nachtwärts. Roman

Auf Platz 2 der SWR-Bestenliste (Juni 2014)

Die Geschwister Laurens und Finn hassen ihren Vater, einen millionenschweren Hamburger Reeder. Sie geben ihm die Schuld daran, dass die Mutter die Familie verlassen hat, und nennen ihn nur »den Feind».

In den Weihnachtsferien wollen die beiden eigentlich die geliebte Tante in Paris besuchen,um ihm zu entfliehen. Doch sie steigen versehentlich in den falschen Zug, der sich wenig später als Leerfahrt herausstellt. Auf dem Weg durch die Nacht spielen Bruder und Schwester mit dem Gedanken, sich selbst zu entführen, und gewinnen in einem anderen blinden Passagier einen Komplizen. Der »Prinz«, wie sich der Hochstapler nennt, ist als Drogenkurier unterwegs. Das Trio reist nach Wien und schickt eine Lösegeldforderung an den »Feind«. Als sich Finn jedoch in den »Prinzen« verliebt,sieht Laurens das enge Band zur Schwester in Gefahr. Die Situation eskaliert, als der »Feind« zur Geldübergabe in Wien eintrifft …

Die poetisch-klaustrophobische Geschichte einer jugendlichen Separatwelt und der dunklen Seiten des Lebens.

„Hoch sensibel für die Gefühle und Ängste Heranwachsender“ — Stefan Weiß, Süddeutsche Zeitung „Roadmovie im Intercity-Waggon.“ –Heinz Neidel, Nürnberger Nachrichten

2014: ars vivendi, 320 Seiten
20€ + 1.95€ Versand

Das kommende Buch. (ePub)

Großverleger prophezeien den Untergang der Verlage, die Piraten reklamieren den Untergang der Verlage, Amazon forciert den Untergang der Verlage.

Serienprojekte wie “The Wire”, “Game of Thrones”, “Sopranos” und “Breaking Bad” gibt, um unseren Hunger nach guten Geschichten zu stillen? Gibt es einen signifikanten Distinktionsgewinn durch eBooks? Lassen sich Klassiker wie Joyce’ “Ulysses”, Manns “Zauberberg” auch digital verstehen? Klar und illusionslos beschreibt Thomas Palzer in diesem grundlegenden das Wesen der Autorschaft und des klassischen Buchs sowie die grundlegenden Veränderungen, denen sie unterworfen sind.

2013: Matthes & Seitz Berlin, 1277 KB, 40 Seiten
1,99€ als Digital-Downlad

Ruin. Roman

Ein Mann unter Einfluss Thomas Palzer beweist mit seinem München-Roman RUIN Mut zum Pathos Im strahlenden Azur des Golfs von Neapel beginnt, was einsam im Tresorraum einer Schweizer Bank endet: RUIN, die Schicksalssymphonie eines Mannes im biografisch gefährlichen Alter um die fünfzig.

Die fast gleichzeitige Begegnung mit dem Tod und der Liebe katapultiert Viggen in eine Abwärtsspirale, die Plazers bildmächtige Sprache kräftig beschleunigt. Dabei schreckt er auch vor kühnen Metaphern nicht zurück, was sein Buch, das Gegenwartsphänomene wie die Ökonomisierung aller Lebensbereiche thematisiert, zu einem geistigen wie sinnlichen Lesegenuss macht. Als kalter Schauer erfrischt das Wagnis RUIN von der Beliebigkeit der hartnäckigen Mainstream-Literatur, wie sie in Workshops und Literaturinstituten nach Art holländischer Tomaten herausgezüchtet wird. (Süddeutsche Zeitung)

2005: blumenbar, 262 Seiten
20€ + 1,95€ Versand

Camping. Rituale des Diversen

Mit Camping geht Thomas Palzers Bestandsaufnahme der Gegenwart in die dritte Runde. Die kleine Form als Antwort auf die Tatsache, daß das Ganze das Falsche ist.

Nach »Hosenträger – Nachrichten aus der Welt von Gestern« (Juli 1991-August 1994) und »Ab hier FKK erlaubt – 50 Schnelle Seitenblicke auf die neunziger Jahre« (August 1994 – Oktober 1995) ist »Camping« der dritte Band, der zwischen Solidarität und Dissens changiert, der alltagskulturelle Phänomene ebenso aufgreift, wie er den Temperamentwechsel feiert, den Zufall und den politischen Einspruch. SHELL und das literarische Quartett, Politik, Kannibalismus und eMail, Kunst am Bau und das Wissen als Macht, die Farbe des Stroms und das Quiz, Gentechnologie und Überwachung, Bücher und Alkohol, Architektur, die Zukunft des Getränkemarkts, die ermüdete Moderne und BBQ – um all das geht es, und um einiges mehr.

»Camping – Rituale des Diversen« ist ein eigensinniges Stück Literatur, ein Journal, das den Zeitraum zwischen November 1995 und Oktober 2001 begleitet – kulturdiagnostisch und kulturkritisch – von dem Anspruch getragen, sich weder von der Macht der anderen dumm machen zu lassen noch von der eigenen Ohnmacht (und darin wiederum Adornos »Minima Moralia« treu und untreu zugleich).

»Camping« ist das Dokument eines Straßenintellektuellen, eine Textsammlung jenseits von Sittenpolizei, der Arroganz der Theorie und der von dieser erzwungenen Zustimmung. Disparate Prosastücke, die sich zu mobiler Schönheit fügen, launisch und leidenschaftlich, prosaisch und provisorisch, poetisch und pointillistisch.

Mit einem Bildwerk von Wolfgang Ellenrieder 2003: belleville, 246 Seiten
17€ + 1,95€ Versand

Ab hier FKK erlaubt. 50 schnelle Seitenblicke auf die neunziger Jahre

1996: C. H. Beck, 186 Seiten
10€ + 1,95€ Versand

Secret Service. Kleine Ekstasen

Vierzehn Geschichten, die zusammengenommen eine Biografie der Empfindungen erzählen, der Aufschwünge, kleinen Ekstasen und Steigerungen.

Heute, wo es darum geht, die Kunst gegenüber dem Leben wieder autark zu machen, der Funktion die Fiktion gegenüberzustellen, wird Wirklichkeit so wieder sprachfähig.

Mit Illustrationen von Michaela Melián
1995: Verlag Weisser Stein / belleville, 141 Seiten
10€ + 1,95€ Versand

Hosenträger. Nachrichten aus der Welt von Gestern

Mit Illustrationen von Michaela Melián
1994: Verlag Weisser Stein / belleville, 142 Seiten
10€ + 1,95€ Versand

Pony. Geschichte

Mehr als ‘Pony’ mag man ohnehin nicht von einem Autor erwarten.’ Karl Bruckmaier, Süddeutsche Zeitung

‘Den jüngsten Beweis dafür, dass Münchner Literatur zur Zeit führend ist, hat Thomas Palzer geliefert mit Pony. Wie Drogenträume ziehen die Bilder vorbei.’
Helmut Krausser, Vogue

‘Wenn ich in meine Vergangenheit hinabsteige, zu der siedenden Welt, die tief in mir ruht, dann erkenne ich, dass Tanja vor allem die Komplizin meiner Fiktionen war.’
‘Pony. Geschichte’ ist das Manifest eines Mannes, der sich durch das Schreiben eine eigene Wirklichkeit erschafft und diese für die tatsächliche erklärt. Die skizzierte Liebesgeschichte spielt in einer uneindeutigen, wahnhaften Wirklichkeit.

1994: Bommas / Eisenhut, 158 Seiten
10€ + 1,95€